Geheimnis der LEGO-Farben: Warum niemand weiß, welches die richtige Farbpalette ist

Als ich zum ersten Mal genauer über die Farben der LEGO-Steine nachgedacht habe, ging es um eine ganz praktische Frage: Wie weit weichen die Farben anderer Hersteller von der LEGO-Farbpalette ab? Sobald man nämlich Klemmbausteine aus unterschiedlicher Produktion kombinieren will, um beispielsweise ein MOC von Rebrickable nachzubauen, könnten die Unterschiede böse ins Auge springen.

Zunächst war die Sache mit den Farben nicht so kompliziert. Bei manchen Herstellern weiß ich, dass sie die gleichen Farben verwenden, bei anderen ist die Farbauswahl grundlegend anders als bei LEGO. Zum Beispiel war mir schnell klar, dass bei allen kleinen Unterschieden zwischen LEGO und Xingbao die Farben doch die gleichen sind. Mich hat die Sache aber nie ganz losgelassen. Verantwortlich ist dafür wahrscheinlich auch die Debatte über Farbabweichungen bei LEGO, die uns nun schon länger begleitet. Ich wollte schließlich doch wissen, ob es eine verlässliche Quelle für die exakten Farbwerte gibt.

Ein LEGO-Mosaik aus Rundfliesen in der Nahaufnahme.

Was man über die LEGO-Farben weiß

Ein paar Dinge habe ich bei meiner Recherche herausgefunden. Für alle, die auf eine einfache Antwort hoffen, dürften sie ernüchternd sein:

  1. Es gibt viele Quellen, die Informationen zu aktuellen und früheren LEGO-Farben liefern.
  2. Die meisten Quellen widersprechen sich, und zwar mit teils drastisch abweichenden Angaben.
  3. Sogar die wenigen offiziellen Quellen von LEGO widersprechen sich untereinander.

Das alles möchte ich so kurz wie irgendwie erklären und dann zu meiner eigenen Theorie kommen. Ich glaube nämlich, dass wir wahrscheinlich nie Informationen über die „echten“ Farben bekommen werden.

Die offiziellen Farben laut Angaben von LEGO

Bei meiner Recherche fand ich aus der jüngeren Vergangenheit nur zwei offizielle Quellen von LEGO, die auch häufiger zitiert werden. Eine Farbpalette stammt aus dem Jahr 2010, die andere aus dem Jahr 2016. Obwohl wir darin die gleichen Farben finden sollten, sofern sie denn in beiden Jahren produziert wurden, sieht die Realität anders aus. Die Farben weichen voneinander ab, weshalb ich mich zunächst entschieden habe, mit welchem dieser Dokumente ich arbeiten will. Ich habe die 2016er-Farbtabelle ausgewählt. In erster Linie natürlich, weil es das aktuellere Dokument ist.

Ursprünglich wollte ich nur überprüfen, ob die Farbangaben in der bekannten LEGO-Datenbank Brickset.com stimmen. Dort hätte ich mir nämlich zu jeder beliebigen Farbe einen konkreten Farbcode holen können. Vorher wollte ich nur selbst mit ein paar Stichproben abgleich, ob die Informationen verlässlich sind. Als ich mit einem Grafikprogramm jedoch die ersten Farben aus dem LEGO-Dokument von 2016 extrahiert hatte, war die Ernüchterung groß. Offenbar vertrauen selbst die Fan-Websites nicht einfach den Angaben von LEGO, sondern holen sich ihre Informationen aus anderen Quellen.

Die genauen Farbwerte laut Brickset.com und laut meinem eigenen Test habe ich übrigens ganz am Ende des Artikels gegenübergestellt, falls sich dafür jemand in der Tiefe interessiert.

Farben der LEGO-Steine laut LEGO Group im Jahr 2016.
So zeigte LEGO im Jahr 2016, welche Farben für die Steine verwendet werden.

Eine wichtige Frage bei der Definition einer Farbe

Nun könnte ich sagen: Da hat jemand etwas falsch gemacht und ich habe die korrekte Lösung gefunden. So einfach ist es aber leider nicht Wir müssen uns vor Augen führen, dass es unterschiedliche Möglichkeiten gibt, eine Farbe reproduzierbar anzugeben. Eine Möglichkeit, die zum Beispiel für Farben auf Websites eingesetzt wird, sind die sogenannten HEX-Codes. Mit sechs aufeinanderfolgenden Ziffern – es gibt dabei sowohl Buchstaben als auch Farben – wird eine Farbe genau definiert. Die Farbe #ff0000 ist zum Beispiel ein kräftiges Rot, während #eaeabf ein Beige darstellt. Die Farben lassen sich mit dieser Skala sehr kleinteilig variieren. Besonders im digitalen Umfeld sind die HEX-Codes ein wiederkehrender Standard. Meine eigene Version der LEGO-Farben habe ich per Grafikprogramm in dieser Form extrahiert (siehe auch die Tabelle ganz unten).

Eine andere bekannte Farbskala sind die Pantonefarben. Sie spielen keine große Rolle bei digitalen Produkten, sind dafür aber bei greifbaren, bedruckbaren Gütern extrem wichtig. Was als Pantone vorliegt, ist nur ein Ausschnitt aus dem Farbspektrum. Die Bandbreite ist aber groß genug, damit Firmen weltweit ihre gewünschten Farbtöne unkompliziert und verbindlich bestimmen können. Neue Farben, die zwischen den bestehenden Farbtönen liegen, werden nur bei Bedarf in die Pantone-Farbskala aufgenommen. Die Umrechnung von einer Farbcodierung in die andere scheint aber notorisch schierig zu sein, ohne dass sich mir persönlich erschließt, wo eigentlich das Problem dabei liegt. Schon bei Standards wie HEX und Pantone gibt es also viel Raum für Verwirrung.

Man kann anhand dieses Vergleiches aber zumindest erahnen, dass es bei der Farbe zusätzlich auf das Produkt ankommt. Der Plastikstein mag eine ganz bestimmte Farbe haben, aber das bedeutet noch nicht zwangsläufig, dass der Hersteller zum Beispiel für eine gedruckte Darstellung die identische Farbe verwendet. Das alles mag teilweise erklären, wie es zu der großen Farb-Unklarheit kommen kann.

Eine mögliche Farbpalette aus alternativen Quellen

Nach dieser Vorrede könnt ihr nun schon erahnen, dass nicht alle Spekulationen über LEGO-Farben auf der gleichen Farbcodierung beruhen. Online existieren eine Reihe von Listen, die alle einen Überblick über die LEGO-Farben geben wollen. Neben HEX und Pantone, die ich als Beispiele herausgegriffen habe, tauchen in den diversen Listen auch noch einige andere Codes auf. Im besten Fall wäre das überhaupt kein Problem, da bei der Umrechnung zwischen diesen Werten immer dieselbe Farbe herauskommen sollte. Was ich gefunden habe, war aber vielmehr der schlechteste Fall von allen. Die Angaben lassen sich kaum jemals mit anderen Listen in Übereinstimmung bringen. Dass die Codierung auf unterschiedliche Art erfolgt, trägt bloß einen Teil dazu bei, diesen ärgerlichen Fakt einen Moment lang zu verschleiern.

Eine der umfangreichsten Farbtabellen stammt wohl von Ryan Howerter. Es ist auch die erste Quelle, auf die der LEGO-Teilemarkt Bricklink verweist, wenn es um die Farben geht. Nehmen wir diese Tabelle also als Beispiel her. Sie wurde aus verschiedenen Quellen zusammengetragen und beweist, wie weit die Einschätzungen zu den LEGO-Farben auseinander liegen. Wenn man anfängt, die verschiedenen Codes in echte Farben umzuwandeln, kommen für eine Farbe meist diverse Versionen heraus – mit deutlich sichtbaren Abweichungen.

Die Online-Plattform Brickset.com gibt die gleichen HEX-Codes wie die Ryan-Howerter-Tabelle an. Laut meinem eigenen Experiment, das ich weiter oben geschildert habe, würde ich diesen Werten nicht über den Weg trauen. Aber vielleicht liege ich bei den LEGO-Farben genauso falsch wie viele andere im Internet.

Die exakten Werte für LEGO-Farben sind beinahe egal

Als ich über diese Probleme nachgedacht habe, erschien mir ein weiteres Detail wichtig. Wir müssen beachten, wie die LEGO-Steine produziert werden. Die Realität zeigt uns, dass deutlich sichtbare Farbabweichungen immer wieder vorkommen. Trotzdem werden die Abweichungen in der Fabrik durchgewinkt und die Steine werden in Sets verpackt. Ich möchte nun überhaupt nicht darauf eingehen, bis zu welchem Punkt eine Abweichung akzeptabel ist. Mir geht es nur um einen einfachen Punkt: Es muss zwangsläufig einen Toleranzspielraum geben, den LEGO für seine Produktion definiert hat. Selbst wenn es eine Idealfarbe gibt, auf die jede Fabrik hinarbeitet, wird am Ende doch jede Nuance innerhalb der Toleranz akzeptiert. Es handelt sich also um eine „korrekte“ LEGO-Farbe.

Vor diesem Hintergrund habe ich den Verdacht, dass es für LEGO überhaupt keinen Grund gibt, die „echten“ Farben jemals durchsickern zu lassen. Wo kämen wir denn hin, wenn die AFOLs plötzlich kontrollieren könnten, ob ihr LEGO-Set dem offiziellen Standard entspricht? So ein Szenario klingt danach, als könnte es nur unnötigen Ärger bringen. Und falls meine Theorie stimmt, kann ich LEGO in dieser Sache sogar ganz gut verstehen.

Beispiel: Farbvergleich aus zwei Quellen

Im Folgenden seht ihr den Vergleich zwischen den Angaben von Brickset.com und meinem eigenen Test, der auf den offiziellen 2016er LEGO-Farben beruht. Neben dem LEGO-Namen für die Farben findet ihr auch die Bezeichnungen von Bricklink. Diese inoffiziellen Namen haben sich unter Klemmbaustein-Fans weit stärker durchgesetzt.

LEGO-NameBricklink-NameHEX BricksetHEX LEGO 2016
Bright RedRed#B40000#dd1a21
New Dark RedDark Red#720012#7f131b
Bright BlueBlue#1E5AA8#006cb7
Earth BlueDark Blue#19325A#00395e
Dark AzurDark Azure#469BC3#00a3da
Sand BlueSand Blue#70819A#678297
AquaLight Aqua#D3F2EA#c1e4da
Bright YellowYellow#FAC80A#ffcd03
Cool YellowBright Light Yellow#FFEC6C#fff579
Bright OrangeOrange#D67923#f57d20
Dark OrangeDark Orange#91501C#a65322
Flame Yellowish OrangeBright Light Orange#FCAC00#fbab18
Dark GreenGreen#00852B#009247
Earth GreenDark Green#00451A#004a2d
Bright GreenBright Green#58AB41#00af4d
Olive GreenOlive Green#77774E#828353
Bright Yellowish GreenLime#A5CA18#9aca3c
Sand GreenSand Green#708E7C#6f947a
Spring Yellowish GreenYellowish Green#E2F99A#cce197
Medium LilacDark Purple#441A91#4c2f92
Bright Reddish VioletMagenta#901F76#b51c7d
Bright PurpleDark Pink#D3359D#e95da2
LavenderLavender#CDA4DE#bca6d0
Medium LavenderMedium Lavender#A06EB9#9675b4
Light PurpleBright Pink#FF9ECD#f6adcd
Light Royal BlueBright Light Blue#9DC3F7#78bfea
Medium AzurMedium Azur#68C3E2#00bed3
Medium BlueMedium Blue#7396C8#489ece
Brick YellowTan#B0A06F#ddc48e
Sand YellowDark Tan#897D62#947e5f
Reddish BrownReddish Brown#5F3109#692e14
Dark BrownDark Brown#372100#3b180d
Light NougatLight Nougat#FFC995#fcc39e
Medium NougatMedium Dark Nougat#AA7D55#af7446
NougatNougat#BB805A#de8b5f
Medium Stone GreyLight Bluish Gray#969696#a0a19f
Dark Stone GreyDark Bluish Gray#646464#646765
BlackBlack#1B2A34#000000
WhiteWhite#F4F4F4#f4f4f4